Der denkende Verstand ist die Vorstellung von einem Denker, also einem aktiven Handlungsträger, „im Kopf“, d.h. im subjektiven Bewusstsein der jeweiligen Person. Das bedeutet nichts weiter, als dass wir in der Regel davon ausgehen, dass es in unserem Bewusstsein ein Ich gibt, dass die Gedanken, die im Bewusstsein auftauchen, denkt. So wie es einen Zimmermann gibt, der einen Tisch erzeugt, so wie es einen Mauerer gibt, der eine Mauer erzeugt, so gibt es, meinen wir, auch einen Denker, der die Gedanken denkt.
Was ist das Ich-Bewusstsein?
Das Ich-Bewusstsein bezeichnet die Identifikation des Einzelnen mit diesem Denker. Diesen halten wir nicht nur für den Urheber von Gedanken, sondern auch für unsere Persönlichkeit, den Urheber all unserer Handlungen und Entscheidungen. Dieses Ich-Bewusstsein, auch Ego genannt, entsteht, wie bereits gesagt, dadurch, dass der Einzelne sich für den denkenden Verstand hält, d.h. sich fälschlicherweise mit diesem identifziert, während er in Wahrheit das ewige, unvergängliche Selbst ist auf dessen Hintergrund sich alle Gedanken und damit auch der Ich-Gedanke manifestieren.
Warum ist das Ich-Bewusstsein eine Illusion?
Laut Ramana Maharshi ist der denkende Verstand bzw. das Ich-Bewusstsein eine Illusion. Damit ist gemeint, dass der denkende Verstand keine feste, dauerhafte Größe ist, sondern lediglich ein weiterer Gedanke, von dem aus alle weiteren Gedanken ausgehen. Dies lässt sich unter anderem daran erkennen, dass das Ich-Bewusstsein im Tiefschlaf nicht vorhanden ist, sondern erst mit dem Erwachen der Person wieder in Erscheinung tritt. Die Identifikation mit dem denkenden Verstand, mit dem Ich-Gedanken ist deswegen eine Illusion, weil der Einzelne, dessen wahres Selbst, so Ramana, das ewige Selbst ist, sich selbst unendlich reduziert auf einen vergänglich, im permanenten Wandel begriffenen Gedanken im subjektiven Bewusstsein.
Zusammenfassung
Der denkenden Verstand bezeichnet den angenommenen Denker von Gedanken, während das Ich-Bewusstsein oder Ego die Identifikation des Einzelnen mit diesem Denker meint. Beides ist letzten Endes dasselbe, da der denkende Verstand erst dadurch zum Denker von Gedanken wird, dass sich der Einzelne mit ihm identifiziert, was wiederum die Definition des Ich-Bewusstsein ist. Es ist jedoch ausgeschlossen, dass der Einzelne dieser Denker ist, da er diesen Denker, z.B. im Rahmen einer Meditation, wahrnehmen und beobachten kann. Durch Ramana Maharshis Methode der Selbsterkundung mit Hilfe der Frage „Wer bin Ich?“ verschwinden zunächst sämtliche Gedanken und schließlich auch der Ich-Gedanke, der die Wurzel aller weiteren Gedanken ist. Was übrig bleibt ist allein das Selbst, das wahre Sein eines jeden Einzelnen.